Ölkulturen: eine klimafreundliche Marktnische
Die heißen Dürreperioden der letzten Sommer erschwerten das Wachstum vieler Kulturpflanzen. Insbesondere Getreide hat unter der Bodentrockenheit gelitten. „Schon seit mehr als zwei Jahren überlegen wir, welche klimaverträglichen Kulturen wir auf unseren leichten Standorten anbauen können“, sagt die 24-jährige Landwirtin Katharina Hilbert aus Isendorf. Ölkulturen wie Sonnenblumen und Körnerhanf brauchen nur wenig Wasser, doch sie werden bisher nur als Nischenprodukt in Deutschland angebaut. Speiseöle werden hauptsächlich importiert, wie zum Beispiel Sonnenblumenöl aus der Ukraine. Der Ausbruch des Ukraine-Konflikts und die Knappheit von Sonnenblumenöl bestätigten Katharina Hilbert und ihren Freund Jan Wortmann deshalb in ihrem Entschluss, heimische Speiseöle zu produzieren: „Mit dem Ukraine-Konflikt hat sich wieder einmal gezeigt, wie wichtig eine regionale Versorgung ist.“
Katharina und Jan im Video-Porträt
Die ausgebildete Kauffrau und Landwirtin ist die älteste von sechs Geschwistern und bewirtschaftet zusammen mit ihrem Freund Jan Wortmann insgesamt 150 Hektar Land rund um den elterlichen Hof. Während die beiden die vorherigen Schwerpunkte des Hofes beibehalten, – nämlich die Haltung von Schweinen, Bullen und Legehennen, sowie den Anbau von Kartoffeln, Getreide und Mais – setzen sie sich mit weiteren zukunftsfähigen Standbeinen auseinander. Wichtige Kriterien sind für sie klimafreundliche und klimaangepasste Kulturen, die sich für die regionale Direktvermarktung eignen.
Kulturen für die Ölproduktion sind in der Region rund um Emsdetten eine Marktnische mit vielfältigem Zukunftspotenzial. „Wir bauen auf leichten Böden an. Aufgrund der vorherrschenden Frühsommertrockenheit merkt man, dass klassische Kulturen wie Getreide und Mais auf diesen Böden an ihre Grenzen kommen.“ Ölkulturen wie Sonnenblumen, Körnerhanf und Öllein haben ein ausgeprägtes Wurzelsystem und kommen deshalb mit weniger Wasser aus und nutzen Nährstoffe besser. „Unser Hanf hat in diesem Jahr seit der Aussaat Mitte Mai noch keine 50 L Regen bekommen und zeigt sich trotzdem prächtig“, freut sich der 27-jährige Jan Wortmann. Auch Insekten und andere Tierarten freuen sich über die Blüten dieser Kulturen, die auch die Artenvielfalt fördern, wie die beiden beobachten. Zudem wachsen die Pflanzen sehr schnell, sodass die beiden auf Fungizide und Herbizide verzichten konnten – ein Plus für den Naturschutz.
Auch bei der Weiterverarbeitung und Vermarktung ihrer Produkte setzen die Beiden auf möglichst wenig Emissionen. „Wir verarbeiten die Saaten in unserer eigenen Ölpresse. Unsere Schneckenpresse presst die Saaten sehr schonend bei maximal 40 Grad, sodass wertvolle Inhaltsstoffe erhalten bleiben.“ Das kaltgepresste Öl vermarkten sie auf dem Emsdettener Wochenmarkt und mit Hilfe von sechs Verkaufsautomaten auf dem eigenen Hof. „Durch unsere Direktvermarktung sind wir unabhängiger vom Handel und näher am Verbraucher. Wir können auf kurzen Wegen kommunizieren und ein häufig positives Feedback zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Zukünftig wollen die beiden noch mehr regionale Produkte herstellen und vermarkten. Ideen dafür gibt es schon einige: Die Presskuchen der Hanfsamen werden beispielsweise momentan als Futter an die eigenen Tiere verfüttert. Doch sie eignen sich auch für die Herstellung von Hanfmehl – ein Produkt, was die beiden demnächst testen möchten.