Solidarische Landwirtschaft – Finanzierungsmodell mit Zukunft?
In der solidarischen Landwirtschaft – kurz Solawi – unterstützen mehrere Privathaushalte gemeinschaftlich einen landwirtschaftlichen Hof. Im Gegenzug erhalten sie dessen Erzeugnisse wie Gemüse, Obst und tierische Produkte. Erfahre in diesem Blogbeitrag mehr über die Funktionsweise der Solawi, wem sie Vorteile bringt und ob sie sich als tragbares Finanzierungsmodell für die Zukunft eignet!
Die Geschichte der solidarischen Landwirtschaft
Vorbilder für die deutsche solidarische Landwirtschaft sind verschiedene Ansätze aus dem Ausland. So entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg in Japan, den USA und in der Schweiz Ideen, neue gemeinschaftlich organisierte und finanzierte Formen der Landwirtschaft zu entwickeln. 1986 wurde ein solcher Ansatz zum ersten Mal in Deutschland aufgegriffen: Der in der Nähe von Hamburg liegende Buschberghof implementierte eine Wirtschaftsgemeinschaft, die gemeinsam den Betrieb des Hofes finanziert. Nach und nach wuchs die Zahl ähnlich finanzierter Höfe, jedoch ohne eine übergeordnete Struktur oder einen festen Namen. 2011 wurde schließlich das bundesweite Netzwerk solidarische Landwirtschaft e.V. gegründet, indem sich die Betriebe seither organisieren und vernetzen.
So funktioniert eine Solawi
Die „konventionelle“, nicht solidarisch finanzierte Landwirtschaft erzeugt auf eigene Kosten bestimmte Lebensmittel und verkauft diese entweder direkt oder über den Handel an stetig wechselnde Verbraucher. Eine Solawi hingegen gründet eine Genossenschaft mit Menschen aus Privathaushalten, noch bevor sie in die Produktion geht. Die Landwirte planen und budgetieren das Wirtschaftsjahr (inklusive Kosten für Lohn, Saatgut, Neuanschaffung von Maschinen, Diesel etc.) und der errechnete Gesamtbetrag wird auf die Mitglieder der Genossenschaft umgelegt. Werden Ernten eingefahren oder tierische Produkte erzeugt, werden diese Erträge auf die Genossenschaftsmitglieder umgelegt. Diese erhalten so in der Regel ein- bis zweimal pro Woche verschiedenste saisonal und lokal erzeugte Lebensmittel, die sie entweder an bestimmten Sammelpunkten abholen oder in Kisten geliefert bekommen. Die gelieferten Erntemengen variieren stark, sind im Sommer und Herbst hoch und im Winter und Frühjahr eher niedrig.
![](/fileadmin/_processed_/9/5/csm_iStock-1097842636_258fe9f3e6.jpg)
Die vielfältigen Nutzen der Solawi
Von einer Solawi profitieren viele: die Erzeuger und Verbraucher, der Betrieb und die Natur.
Erzeuger: In einer Solawi erhalten die Erzeuger Sicherheit, dass ihre Produkte Abnehmer finden und dass Risiken wie Missernten gemeinsam von einer breiten Basis mitgetragen werden. Die in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen erhalten zudem ein sicheres Einkommen und Gestaltungsspielräume in ihrer Arbeit: Viele Solawis bauen eine große Vielfalt an Produkten an und können extensiv und nachhaltig wirtschaften, da sie dem nicht vollständig dem Preisdruck des Marktes unterliegen. Auch die notwendigen Ressourcen für eine Direktvermarkung entfallen, da die Genossenschaft feste Abnehmer garantiert.
Verbraucher: Für Verbraucher lohnt sich die Mitgliedschaft in einer Solawi, denn sie erhalten vielfältige, qualitativ hochwertige Erzeugnisse, deren Produktion und Kosten jederzeit transparent sind. In vielen Solawis haben die Mitglieder zudem die Möglichkeit, sich aktiv in die Arbeit einzubringen und somit ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit der Lebensmittelproduktion zu erweitern.
Betriebe: Weil Solawis weitgehend unabhängig vom Markt und dessen Normen sind, können sie eine größere Vielfalt an Lebensmitteln (auch seltene Gemüse- und Obstsorten oder Haustierrassen) in die Bewirtschaftung integrieren und Produkte verwerten, die vom Handel nicht angenommen werden (zum Beispiel krumme Gurken oder zweibeinige Karotten). Die Praxis von Solawis zeigt, dass Mensch, Tier und Natur von dieser Struktur profitieren können.
Die Natur: Solawis setzen auf umwelt- und klimabewussten Ackerbau und eine Tierhaltung, die sich positiv auf die biologische Vielfalt auf und rund um den Betrieb auswirken.
![](/fileadmin/_processed_/e/7/csm_iStock-1198278022_16e7635a15.jpg)
Solawi als zukunftsfähiges Landwirtschaftsmodell?
Die meisten konventionell wirtschaftenden Betriebe in der Landwirtschaft haben sich stark spezialisiert und auf wenige Erzeugnisse beschränkt, um sich den Anforderungen des Marktes anzupassen. Diese Form der intensiven Landwirtschaft ist auf möglichst hohe Produktivität ausgerichtet, hat jedoch Konsequenzen für Natur und Umwelt und wird deswegen immer wieder kritisiert. Die solidarische Landwirtschaft ist ein Gegenmodell, das Mensch, Tier und Natur viele Vorteile und eine gewisse Unabhängigkeit vom Markt bietet. Aktuell ist die Solawi eine kleine Nische, aber das Interesse, solche Gemeinschaften zu gründen, steigt stetig.
Wie Du Dich einer Solawi anschließen kannst
Über die Seite des Netzwerks der Solawi kannst Du Dich nach entsprechenden Höfen in Deiner Umgebung erkundigen und zu ihnen Kontakt aufnehmen. Interessierst Du Dich zudem für das Konzept und kannst Dir die Gründung einer eigenen Solawi vorstellet, findest Du dort viele Informationen, Ansprechpartner und eventuell Gleichgesinnte.