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Insektensterben in Deutschland

Insektensterben in Deutschland

1,4 Milliarden – so viele Insekten kommen schätzungsweise auf jeden Menschen unserer Erde. Eine unvorstellbar große Zahl, die lange darüber hinwegtäuschte, dass Insekten bedrohte Lebewesen sind. An einigen Standorten in Deutschland ging die Zahl lebender Insekten in den letzten 30 Jahren um bis zu 75 % zurück. Dabei sind Insekten systemrelevant und untrennbar mit unserer Ernährung verbunden. Die Gründe für das Insektensterben sind vielfältig – ebenso sind seine Auswirkungen – darüber klärt dieser Blogbeitrag auf.

Insekten – ein kurzer Steckbrief

Von allen weltweit erhobenen Tierarten sind 70 % Insekten und man findet sie in jedem Ökosystem. Es gibt keine andere Tierart, die so vielfältig ist wie Insekten: Es gibt sie im Wasser, in der Luft, auf und unter der Erde. Einige fliegen, während andere sich krabbelnd oder kriechend fortbewegen; einige sind so klein, dass sie mit dem menschlichen Auge nicht erkennbar sind, andere erreichen die Größe einer Hand. Allein in Deutschland gibt es mehr als 30.000 verschiedene Insektenarten. Bei all der Vielfalt haben Insekten jedoch einige Gemeinsamkeiten: Zum einen haben sie sechs Beine und sind als Sechsfüßer bekannt. Tausendfüßler oder Spinnen zählen deshalb nicht zu den Insekten. Zum anderen durchlaufen sie verschiedene Entwicklungsstadien, meist vom Ei zur Larve bis hin zur Libelle, Hummel oder Heuschrecke. 

 

 

Warum Insekten untrennbar mit unserer Ernährung verbunden sind

Insekten hängen unmittelbar mit unserer Ernährung zusammen: In mehr als 100 Ländern der Welt stehen Insekten auf dem Speiseplan und beugen dank ihrer vielen Nährstoffe Mangelernährung vor. Auch wenn Insekten in Deutschland meist nicht direkt gegessen werden, haben sie doch einen großen Einfluss auf unsere Lebensmittel. Sie bestäuben etwa drei Viertel unserer Kulturpflanzen und sind für deren Wachstum unverzichtbar. Ohne Insekten würde die Landwirtschaft verarmen und es gäbe weniger Obst, Gemüse und Nüsse. Übrigens: Der wirtschaftliche Wert des Bestäubens wird weltweit pro Jahr auf mehrere hundert Milliarden US-Dollar geschätzt. Andere Insekten zersetzen abgestorbene Pflanzen und verbessern so die Bodenqualität, die auch wiederum mit Pflanzenwachstum und unserer Ernährung verbunden ist. 

Auf der anderen Seite bedrohen Insekten Ernten und gelagerte Vorräte, indem sie diese als Futterquelle oder Nistort nutzen. Heuschrecken, Maiszünsler oder Borkenkäfer können beispielsweise ganze Ernten oder Fichtenwälder dezimieren. Weltweit werden die Verluste von Ernten und gelagerten Vorräten durch Insektenbefall auf bis zu 30 % beziffert – Tendenz steigend. 

Überblick: Erhöhtes Insektensterben versus schädlicher Insektenbefall 

Es ist paradox: Auf der einen Seite haben verschiedene Studien der letzten Jahrzehnte gezeigt, dass weltweit die Diversität und Anzahl von Insekten zurückgeht. Dies betrifft vor allem fliegende und landlebende Insekten wie Wildbienen, Ameisen und Schmetterlinge. Auf der anderen Seite breiten sich bestimmte Arten lebensmittelschädlicher Insekten wie verschiedene Mottenarten (Eichenprozessionsspinner, Maiszünsler) stärker aus. Diese beiden Trends lassen sich vor allem in Industrienationen in Europa und Nordamerika beobachten – ein Hinweis darauf, dass diese mit unserem Lebensstil zusammenhängen. In der Tat nennt die Wissenschaft verschiedene Faktoren in Industrienationen, die zusammenwirken und das Insektensterben fördern. Dazu gehören Infrastrukturmaßnahmen, Landwirtschaft, Lichtverschmutzung und Klimawandel.

Versiegelung durch den Ausbau der Infrastruktur: Straßen, Industrie- und Wohngebiete – jeden Tag werden in Deutschland 56 Hektar Flächen versiegelt, auf denen keine Bäume, Gras oder andere Pflanzen mehr wachsen können. Diese Infrastrukturmaßnahmen verringern und verändern somit die Lebensräume der Insekten. Zudem führen sie dazu, dass Insekten weitere Strecken zwischen Nistort und Nahrungsquelle zurücklegen müssen, was sie wiederum Energie kostet.

Landwirtschaftliche Maßnahmen: Verschiedene Entwicklungen in der modernen Landwirtschaft haben Einfluss auf die Lebensräume von Insekten genommen. Zum einen spezialisieren sich viele konventionelle landwirtschaftliche Betriebe auf wenige Kulturpflanzen, wie Mais oder Getreide. Die Dominanz dieser Pflanzen entzieht einigen Insektenarten die Nahrungsgrundlage oder ihren Lebensraum. Zum anderen nutzt die Landwirtschaft gezielt bestimmte Produkte, um Kulturpflanzen in ihrem Wachstum zu fördern (Düngemittel) oder sie vor Krankheiten und Schädlingsbefall zu schützen (Herbizide, Insektizide, Fungizide). Einige dieser Pflanzenschutzmittel enthalten Wirkstoffe, bei denen nachgewiesen ist, dass sie sich negativ auf die Gesundheit bestimmter Arten auswirken, wie beispielsweise Neonicotionide auf das Nervensystem von Bienen und Hummeln.Weitere Informationen zu diesem Thema findest Du in diesem Blogbeitrag.

Pflanzenschutzmittel und nicht-heimische Arten in Privatgärten: Was in der Landwirtschaft üblich ist, findet sich auch in privaten Gärten: Düngung und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Forscher bemängeln, dass im Vergleich zur Landwirtschaft, in der die Ausbringung von Dünger und Pflanzenschutz stark reguliert sind, gibt es für private Gärten keine Vorgaben. Auch diese können sich negativ auf die Gesundheit der Insekten auswirken. Hinzu kommt, dass sich in privaten Gärten exotische Pflanzen besonderer Beliebtheit in erfreuen. Diese haben jedoch den Nachteil, dass deren Pollen und Nektar für heimische Insekten unbekannt sind und ihnen folglich keine Nahrung bieten. 

Lichtverschmutzung: Etwa die Hälfte aller Insektenarten ist nachtaktiv und nutzt das Licht des Mondes und der Sterne, um sich zu orientieren, Nahrung zu finden und Feinden auszuweichen. Künstliche Lichtquellen wie Straßenlaternen, Flutlichter und Werbetafeln irritieren die Insekten und ziehen diese an. Forscher haben beobachtet, dass Insekten dort schnell Opfer von Fressfeinden werden, an Erschöpfung oder aufgrund der Hitze der Lichtquelle sterben. Die zunehmende Lichtverschmutzung der letzten Jahrzehnte wirkt deshalb als ein Stressfaktor für Insekten und trägt zur Verringerung vor allem nachtaktiver Fluginsekten bei.

Klimawandel: Auch der Klimawandel, insbesondere steigende Temperaturen und lange Dürreperioden, wirken sich auf Insektenpopulationen aus. Während bestimmte Arten wie der Maiszünsler verstärkt bei höheren Temperaturen auftreten und dank milder Winter in großer Zahl überleben, wandern andere heimische Arten aus. 

 

Strategien zum Insektenschutz in der Landwirtschaft

Langzeitstudien haben gezeigt, wie relevant Insekten für unser aller Leben sind und wie brisant ihr Rückgang sich auf das Gleichgewicht unserer Ökosysteme auswirkt. Doch die Studien geben auch Hoffnung, denn Insekten vermehren sich schnell und Populationen können sich erholen, wenn Lebensräume und Nahrungsquellen optimiert werden. Das zeigen Statistiken von im und am Wasser lebenden Insekten, die sich im Zuge zahlreicher Wasserschutzkonzepte erholt haben. Um landlebende und fliegende Insekten in ihrer Vielfalt zu erhalten, gilt es daher, auch diese durch gezielte Programme zu schützen. In der Landwirtschaft werden bereits zahlreiche Maßnahmen zum Schutz von Insekten umgesetzt: 

Vielfältige Ökosysteme fördern: Um Insekten Abwechslung an großen, einseitig bepflanzten Feldern zu geben, haben sich Blühstreifen mit vielfältigen Wildblumen bewährt. Auch Grünflächenbepflanzung, Hecken und Streuobstwiesen bieten Insekten Schutz und Nahrung und sind Teil vieler landwirtschaftlicher Betriebe.

Reduzierter Einsatz von Dünger und Pflanzenschutz: In der Landwirtschaft gilt grundsätzlich das Prinzip „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Nach diesem Grundsatz bringen Landwirte Dünger und Pflanzenschutzmittel aus – zudem reglementiert durch gesetzliche Vorgaben. Ganz auf diese Maßnahmen verzichten lässt sich jedoch nicht, da dies mit weniger Erträgen und somit einer Verringerung der Nahrungsmittelerzeugung einhergehen würde.

 

 

Was Du zum Insektenschutz beitragen kannst

Egal, ob Du einen Garten oder Balkon hast oder nicht – jeder von uns kann etwas zum Schutz der Artenvielfalt bei Insekten beitragen. 

Pflanze verschiedene heimische Blumen: Du magst exotische Pflanzen? Du musst nicht ganz auf sie verzichten, aber achte auf eine gute Mischung aus heimischen und exotischen Pflanzen. Achte zudem auf eine möglichst große Vielfalt bei Deinen Pflanzen – so machst Du Deinen Balkon oder Garten zu einem attraktiven Lebensraum für viele Insekten und Deine Pflanzen werden es Dir danken!

Verwende möglichst wenig Pflanzenschutzmittel und Dünger: Wenn Du Pflanzen im Garten oder auf dem Balkon anpflanzt, setz Dich damit auseinander, welche unterstützenden Mittel Du ihnen zuführst und ob diese schädlich für Insekten sind. Nutze als Alternative beispielsweise natürlichen Pflanzenschutz wie Brennnesseljauche, die gut für Pflanzen und Insekten ist. 

Wende Dich an Deine Kommune: Wenn Du weder Garten noch Balkon hast, kannst Du Dich in Deiner Kommune für Wildflächen und Insektenschutz auf Friedhöfen, Kreisverkehren und anderen Grünflächen stark machen. Es gibt verschiedene Fördermaßnahmen zum Insektenschutz durch den Bund oder andere Organisationen, die Du Deinen lokalen Politikern vorschlagen kannst.

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