Entwicklung der Landwirtschaft
Viele kleine Höfe, die sich mit vielfältigen Produkten vor allem selbst versorgten – so sah die Landwirtschaft über Jahrhunderte aus. Die sogenannte Agrarrevolution im 19. Jahrhundert brachte dann viele technische Neuerungen in die Landwirtschaft der sich entwickelnden Industrienationen und veränderte diese grundlegend. Seither ist der technische Fortschritt ungebrochen und zeigt viel Potenzial in Zeiten klimatischer Veränderungen. Landwirtschaft ist ein Motor und Träger von weitreichender Entwicklungen – unser Beitrag gibt Dir einen Überblick.
Geschichte und Zukunft der Landwirtschaft
Vor etwa 10.000 Jahren begannen die Menschen Pflanzen und Tiere zu domestizieren. Die Geschichte zeigt, dass Landwirtschaft von jeher ein von Fortschritt und Veränderungen geprägter Sektor gewesen ist. Ein Beispiel sind die historisch belegten Bewässerungsmethoden der alten Ägypter, die bereits vor 5.000 Jahren die Fluten des Nils umleiteten und teilweise speicherten, um die Produktivität der landwirtschaftlichen Flächen ganzjährig zu erhöhen. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es in Europa und Nordamerika die Agrarrevolution, die durch technologische Fortschritte wie die Einführung von Mineraldünger, Pflugtechnik und Saatgutzucht vorangetrieben wurde. Dies führte zu einer deutlichen Erhöhung der Produktivität und einer höheren Nahrungsmittelproduktion. Die stärksten Veränderungen vollzogen sich in der Landwirtschaft jedoch in den letzten 60 Jahren.
Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Landwirtschaft stark intensiviert und mechanisiert, insbesondere durch eine Konzentration auf wenige landwirtschaftliche Produkte in den Betrieben, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Kunstdüngern sowie Maschinen zur Bodenbearbeitung und Ernte. Das 21. Jahrhundert ist bisher geprägt von der Digitalisierung – auch in der Landwirtschaft findet sie vielfältige Anwendung und entwickelt sich stetig weiter. Die künstliche Intelligenz (KI) wird, genau wie in anderen Lebensbereichen, zukünftig auch auf landwirtschaftlichen Betrieben und bei der Produktion von Lebensmitteln eine immer wichtigere Rolle spielen.
Zu welchen Veränderungen haben die landwirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte geführt?
Die vielfältigen Veränderungen in der landwirtschaftlichen Produktion seit den 1950er Jahren haben große strukturelle Änderungen bewirkt. Dazu gehören auf der positiven Seite eine Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion landwirtschaftlicher Betriebe sowie verbesserte Arbeitsbedingungen für Landwirtinnen und Landwirte. Die Umstrukturierung der Landwirtschaft hat auch die Gesellschaft, die Umwelt und die Natur tiefgreifend verändert. Nachfolgend findest Du die wichtigsten Veränderungen zusammengefasst:
Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion
Vor der Agrarrevolution im 18. und 19. Jahrhundert konnten Bäuerinnen und Bauern typischerweise nur die eigene Familie und gelegentlich wenige andere Menschen ernähren. Bis 1950 waren es im Schnitt 10 Personen, die pro Hof ernährt wurden. Heutzutage ernähren deutsche Landwirtinnen und Landwirte im Schnitt 139 Personen. Zurückzuführen ist diese extreme Steigerung auf ein Zusammenspiel aus Spezialisierungen auf wenige Produkte in den Betrieben, Verbesserungen im Pflanzenbau und in der Tierhaltung (z.B. klimaangepasste Züchtungen, Dünge- und Pflanzenschutzmittel oder spezialisierte Tiernahrung) sowie den Einsatz einer Vielzahl von Maschinen und digitaler Technologien, die die Produktivität und Effizienz der Höfe immer stärker erhöht haben.
Verbesserte Arbeitsbedingungen
Dank Traktoren, Mähdreschern, Melkrobotern und vielen anderen Maschinen gehört die über jahrhunderte körperlich sehr anstrengende Arbeit von Bäuerinnen und Bauern der Vergangenheit an. Landwirte können ihre Betriebe heute effizienter und mit weniger Personal bewirtschaften. Gleichzeitig ist die Arbeit von Landwirtinnen und Landwirten vielfältiger geworden: Neben die Arbeit auf dem Feld und im Stall treten heute die Büroarbeit, die Einarbeitung in neue Technologien und die Vermarktung von Produkten offline und online.
Gesellschaftliche Veränderungen
Weil dank technischer Entwicklungen immer weniger Menschen in der Landwirtschaft arbeiten mussten und müssen, vergrößerten sich die urbanen Ballungsräume mit neuen Berufsfeldern und Wirtschaftszweigen. Die erhöhte landwirtschaftliche Produktion von ganzjährig verfügbaren, qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln leistet bis heute einen entscheidenden Beitrag zur Gesundheit und zum Wohlstand unserer Gesellschaft.
Einfluss auf Umwelt und Natur
Unbestritten ist der Einfluss der Landwirtschaft auf Natur und Umwelt, denn diese hat zu jeder Zeit in bestehende Ökosysteme eingegriffen und diese verändert. Die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft der vergangenen Jahrzehnte hat zu Belastungen in Böden, der Luft und des Wassers geführt. Weil Landwirtschaft immer abhängig von der Natur ist, haben Bauern ein großes Interesse daran, Landwirtschaft, Klima- und Naturschutz in Einklang zu bringen. Hier bieten neuste technologische Entwicklungen wie Precision Farming (Präzisionsanbau) sowie smarte Technologien im Stall und auf dem Acker viel Potenzial, negative Trends umzukehren und Landwirtschaft fortschrittlich und zukunftsorientiert zu gestalten.
Blick in die Zukunft
Der Klimawandel und die damit verbundenen weitreichenden Folgen stellen uns als Gesellschaft vor große Herausforderungen, auch in der Erzeugung von Nahrungsmitteln. Landwirte kennen die Wechselfälle und Unwägbarkeiten der Natur und der Jahreszeiten und zeigen sich offen für neue Formen des Anbaus und technische Innovationen:
- Hochtechnisiert: Landwirtschaftliche Betriebe werden in den kommenden Jahren noch mehr Technik einsetzen und smarter werden. Während im Ackerbau Roboter bisher kaum Verwendung finden, zeigen Prototypen, dass sie Aufgaben wie säen, ernten oder das Entfernen von Unkraut in naher Zukunft automatisieren können. Dies könnte den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln bei gleichbleibender oder erhöhter Produktivität verringern. Zudem können künstliche Intelligenz und die vielfältigen Daten von Sensoren, Wettervorhersagen und aus anderen Quellen LandwirtInnen bei Planungen und Entscheidungen unterstützen, mit positiven Effekten für die Nahrungsmittelsicherheit.
- Vertikal und urban: Landwirtschaftliche Flächen sind begrenzt und wertvoll – diese Erkenntnis hat sich durchgesetzt. Neue Anbausysteme wie vertikaler Anbau oder Anbausysteme auf urbanen Flächen wie in Stadtgärten, auf Dächern oder an Hauswänden ermöglichen es, auch in begrenzten und nicht-naturgewachsenen Räumen Lebensmittel nachhaltig und mit minimiertem Einsatz von Pflanzenschutz anzubauen. Auch diese Trends werden in den kommenden Jahren wichtiger werden und Landwirtschaft vielfältiger machen.
- Solidarisch und gemeinschaftlich: Immer mehr Menschen wollen wissen, wie ihre Lebensmittel erzeugt werden und zu einer nachhaltigen, naturschonenden Produktion beitragen. Solidarische oder gemeinschaftlich getragene Landwirtschaftsprojekte, bei denen Nicht-Landwirtinnen und Nicht-Landwirte regionale Betriebe unterstützen, erfahren zunehmend Zuspruch. Solidarische Landwirtschaft erlaubt es manchen Betrieben, ihre Produktion zu diversifizieren und neue Einkommensquellen zu erschließen.