Direkt zu den Inhalten springen
Insektensterben in Deutschland

Landwirtschaft und Artenvielfalt

Seit der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen 2019 einen auf 15.000 Studien basierenden Bericht vorlegte, ist unbestreitbar, dass die Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten in den letzten Jahrzehnten weltweit stark zurückgegangen ist. Dieser Trend wird sich fortsetzen, wenn wir nicht alles daran setzen, unsere Welt wieder bunter werden zu lassen. Expertinnen und Experten sind sich einig: Es gibt nicht nur eine, sondern viele verschiedene Ursachen für den Artenrückgang. Jeder und jede kann etwas dagegen tun. Der Landwirtschaft wird dabei eine besondere Rolle beigemessen – darüber berichten wir in diesem Beitrag. 

Zunächst: Was bedeuten Biodiversität und Artenvielfalt?

Die Vereinten Nationen definieren Biodiversität als die Vielfalt aller lebenden Organismen, Lebensräume und Ökosysteme auf dem Land, im Wasser und in der Luft. Es geht also um Lebensräume und Ökosysteme, in denen verschiedene Pflanzen- und Tierarten in Wechselwirkung miteinander leben. 

Artenvielfalt ist ein Teil der Biodiversität beschreibt den Fokus auf einzelne oder interagierende Tiere und Pflanzen. Es gibt sie nicht ohne intakte Ökosysteme und sie ist ein Indikator für die Biodiversität – deshalb lassen sich die beiden Konzepte kaum einzeln betrachten. 

Warum Vielfalt so wichtig ist

Funktionierende Ökosysteme mit einer hohen biologischen Vielfalt sind die Grundlage unserer menschlichen Existenz, denn sie liefern uns Nahrung, regulieren das Klima und stellen uns verschiedenste Wirkstoffe für z.B. Arzneien oder Baustoffe zur Verfügung. Die verschiedenen Arten innerhalb der Ökosysteme leben mit und voneinander. Fällt eine Art aus, werden Kreisläufe gestört oder verändert. Ökosysteme und die in ihnen lebenden Tiere und Pflanzen sind bis zu einem gewissen Grad anpassungsfähig und können Lücken ausgleichen – besonders wenn eine gewisse genetische Vielfalt vorhanden ist. Die Wissenschaft ist sich einig: Je größer die Vielfalt, desto besser. Denn ein nur kleines Artenspektrum ist anfällig für Störungen und Veränderungen, wie beispielsweise den Klimawandel oder invasive Pflanzen- und Tierarten, die heimische zurückdrängen. 

 

Welche Ursachen es für den Rückgang der Artenvielfalt gibt 

Die Archäologie zeigt, dass sich die Lebensbedingungen auf unserem Planeten im Verlauf der Geschichte schon mehrfach stark verändert haben, doch hat der Mensch niemals zuvor so stark in das Gleichgewicht dieser Vielfalt eingegriffen wie heute. Mit steigender Weltbevölkerung, Industrialisierung und Globalisierung beansprucht unsere Spezies immer mehr Flächen dieser Erde, was zum Rückzug vieler Arten und Verkleinerung von Lebensräumen führt. Als größere Ursachen für den Rückgang natürlicher Ökosysteme gelten der Ausbau von Menschlichen Siedlungsräumen und Infrastruktur sowie veränderte Produktionsverfahren in der Landwirtschaft, um die immer größere werdende Weltbevölkerung zu ernähren. 

Faktor Landwirtschaft für die Artenvielfalt

Einen großen Teil der unbebauten Flächen Deutschlands machen neben Wäldern das Äcker, Wiesen und Weiden aus, auf denen landwirtschaftliche Betriebe unsere Lebensmittel direkt oder indirekt in Form von Futtermitteln für Nutztiere anbauen. Mit steigenden Bevölkerungszahlen weltweit hat sich die landwirtschaftliche Produktion von Lebensmitteln vor allem in den letzten sechs Jahrzehnten stark verändert. Sie ist intensiver und effizienter geworden. Das Zusammenspiel von spezialisierten Betrieben, großen Ackerflächen, auf denen meist nur eine Pflanzenart angebaut wird, dem Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln oder häufiges Mähen von Grünflächen hat die Effizienz unserer Lebensmittelproduktion stark verbessert, hat sich jedoch negativ auf die Artenvielfalt ausgewirkt. Um die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu schützen, gilt es neue Methoden der Landbewirtschaftung und Kompromisse zu finden, um Biodiversität und Artenvielfalt in der Landwirtschaft zu fördern. Wir stellen Dir einige Maßnahmen vor, die bereits vielerorts in die landwirtschaftliche Praxis implementiert werden.

 

Artenvielfalt im Agrarland

Im unseren Boden lebt eine Vielzahl von Organismen – einige immer, andere nur temporär. Weniger Bodenbearbeitung mit schweren Maschinen, abwechslungsreiche Fruchtfolgen und eine optimierte Düngung und Ausbringung von Pflanzenschutz mitteln Smart Farming sind wirksame Methoden, die der Bodenverdichtung im Agrarflächen vorbeugen und die im Boden lebenden Tiere und Organismen schützen. Die damit einhergehende erhöhte Bodenfruchtbarkeit wirkt sich wiederum positiv auf das Pflanzenwachstum aus und sorgt dafür, dass sich Ökonomie und Ökologie in der Landwirtschaft besser vereinbaren lassen. 

Kleinere Ackerflächen, auf denen verschiedene Pflanzen angebaut werden, wirken sich besonders positiv auf die Lebensräume von Insekten, Nagetieren und Vögeln aus. Bei größeren Ackerflächen, können Blühstreifen und andere Strukturelemente wie Hecken oder Büsche am Feldrand ebenfalls positive Effekte hervorrufen. 

 

 

Artenvielfalt im Stall 

Die meist verbreitetsten Nutztierarten sind heute Kreuzungen verschiedener Rassen, die gewünschte Züchtungsziele kombinieren.  Bei Milchkühen sind dies zum Beispiel eine hohe Milchleistung und eine gute Gebärfähigkeit. Manche dieser Rassen sind Veränderungen, wie beispielsweise Temperaturanstiegen in Folge des Klimawandels, weniger gut angepasst als alte heimische Rassen, die jedoch aufgrund geringerer Leistung weniger eingesetzt werden und zum Teil als bedroht gelten. Um Diversität im Genpool der Nutztierrassen zu stärken, gibt es heute verschiedene staatliche Förderprogramme. 

 

 

Artenvielfalt im Grünland

Grünland sind Flächen, die der Produktion von Gras dienen und auf denen viele Insekten- und Vogelarten Nahrung und Zuflucht finden. Doch Grünlandflächen werden typischerweise vier- bis fünfmal pro Jahr gemäht, was die Lebensräume der dort lebenden Tierarten stört. Höhere Schnitthöhen, weniger Schnitte pro Jahr sowie das Stehenlassen von Teilflächen oder Rändern haben einen positiven Effekt auf die Artenvielfalt. Auch hier gilt es, Ökonomie und Ökologie in Übereinklang zu bringen.

 

Artenvielfalt auf dem Hof

Auch auf unseren Höfen gibt es viele Möglichkeiten, die Biodiversität zu schützen. Dazu gehören beispielsweise die Anlage von Wasserplätzen sowie der Bau von Brutkästen und anderen Nistmöglichkeiten in Ställen und Scheunen für Vögel und Fledermäuse. Hecken, Blumenwiesen, Obstbäume und Nisthilfen bieten Insekten, Bodenbrütern und Nagern Habitate.

 

Wie Du zur Artenvielfalt beitragen kannst

Der Schutz unserer Erde geht uns alle etwas an. Deshalb kannst auch Du mit vielen kleinen Entscheidungen wichtige Beiträge zur Artenvielfalt und Biodiversität leisten. 

  • Pflanze Wildblumen: Du hast einen Balkon oder Garten? Dann pflanze eine Mischung verschiedener Blumen an, um Insekten ein reichhaltiges Nahrungsangebot und Wirtspflanzen zu liefern. Stell auch Wassertöpfe für die Wildtiere bereit und mäh Deinen Rasen so wenig wie möglich. Wenn Du keine eigenen Pflanzen anbauen kannst, gibt es vielerorts die Möglichkeit, Blühstreifen zu mieten oder deren Anlage mit Spenden zu unterstützen. 
  • Setz Dich mit Deinem Kaufverhalten auseinander: Du möchtest, dass Landwirtschaft wieder diverser wird und zur Erholung der Artenvielfalt beiträgt? Kaufe regionale und saisonale Lebensmittel – damit signalisierst Du Deinem Einzelhändler Deine Produktpräferenzen und ermöglichst landwirtschaftlichen Betrieben, Maßnahmen für das Klima und den Artenschutz umzusetzen. Auch beim Kauf von Holz kannst Du mit Deinen Kaufentscheidungen Einfluss nehmen, indem Du Holz recycelst oder Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft kaufst. 

Setzt Dich politisch ein: Du findest, dass Deine Kommune auch im Stadtbild mehr für die Artenvielfalt tun könnte? Starte oder unterstütze Bürgerinitiativen, damit Parks, Kreisverkehre, Friedhöfe und andere Grünflächen bunter werden. 

Informiere Dich über

Insektensterben in Deutschland

Mehr erfahren

Neonicotinoide als Risiko für Bienen

Mehr erfahren

Studie "Zukunftsbauer"

Mehr erfahren

Arbeitsgruppe "Zukunftsbauer"

Mehr erfahren

Klimawandel und die Antwort der Landwirtschaft

Mehr erfahren

Können wir auf Torf verzichten?

Mehr erfahren

Elektro-Traktoren

Mehr erfahren

Renaturierung, Aufforstung und Bodenschutz

Mehr erfahren

Landwirtschaft 4.0

Mehr erfahren

Carbon-Farming

Mehr erfahren

Smart-Farming

Mehr erfahren

Fruchtfolgen

Mehr erfahren

CO2-Speicherung

Mehr erfahren